DDB Deutscher Diabetiker Bund, 19.07.2006

Umstrittene Sparmaßnahmen bei der Behandlung von Typ-2-Diabetikern

Am 18. Juli 2006 hat der Gemeinsame Bundesausschuß (G-BA) seinen Beschluß zur Behandlung von Menschen mit Typ-2-Diabetes mit kurzwirksamen Insulinanaloga bekanntgegeben: Kurzwirksame Insulinanaloga für Menschen mit Typ-2-Diabetes werden nur noch dann von der Gesetzlichen Krankenversicherung erstattet, wenn sie nicht teurer sind als Humaninsulin. Begründung: Nach Überzeugung des G-BA haben die kurzwirksamen Insulinanaloga für Typ-2-Diabetiker keinen belegten Zusatznutzen für die Patienten, sind aber mindestens 30 Prozent teurer. Die Begründung für den Beschluß des G-BA geht auf eine umstrittene Nutzenbewertung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zurück. Würden die Hersteller ihre Preise entsprechend senken, würden auch Typ-2-Diabetikern diese Insuline wieder erstattet werden. Dies bestätigte Rainer Hess, der Vorsitzende des
G-BA, während einer Pressekonferenz in Berlin am Mittwoch, 19. Juli. Derzeit gibt es keine Hinweise dafür, daß die Hersteller Preissenkungen planen.

Der G-BA geht davon aus, daß durch seinen Beschluß etwa 30 Millionen Euro pro Jahr gespart werden können. Der Beschluß tritt in Kraft, sobald das Bundesgesundheitsministerium ihn geprüft hat. Für die Prüfung hat das Ministerium maximal zwei Monate Zeit; liegt die Zustimmung vor, tritt der Beschluß einen Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Der Beschluß des G-BA hat – die Zustimmung des Bundesgesundheitsministeriums vorausgesetzt – zur Folge, daß die schon auf diese Insuline eingestellten Typ-2-Diabetiker wieder auf Humaninsulin umgestellt werden. Patienten, die neu auf Insulin eingestellt werden, bekommen von Beginn der Behandlung an Humaninsulin.

Die Gesetzliche Krankenversicherung wird nur noch in Ausnahmefällen die Kosten für kurzwirksame Insulinanaloga bei Typ-2-Diabetikern übernehmen:

-          wenn Patienten auf den Wirkstoff Humaninsulin allergisch reagieren,

-          wenn eine stabile Stoffwechsellage trotz Intensivierung der Therapie mit Humaninsulin nicht erreichbar ist, dies aber mit kurzwirksamen Insulinanaloga nachweislich gelingt,

-          wenn die Therapie von Insulinanaloga wirtschaftlicher ist, weil unverhältnismäßig hohe Humaninsulindosen benötigt werden.

G-BA-Vorsitzender Hess geht davon aus, daß nur noch in Einzelfällen mit Insulinanaloga behandelt werden muß. Aber er sagte während der Pressekonferenz auch: „Die Praxis wird zeigen, wie viele es wirklich sind.“ Er geht davon aus, daß der Beschluß bald in Kraft tritt, und empfiehlt Ärzten und Patienten jetzt schon, mit der Umstellung auf Humaninsulin zu beginnen, sofern medizinisch vertretbar.

Der Deutsche Diabetiker Bund (DDB) hat sich intensiv für eine weitere Kostenerstattung der kurzwirksamen Insulinanaloga für Typ-2-Diabetiker durch die Gesetzliche Krankenversicherung eingesetzt. In einer großen Protestaktion hat der DDB 180.000 Unterschriften gesammelt und im Bundesgesundheitsministerium übergeben. Der DDB ist davon überzeugt, daß Insulinanaloga die Lebensqualität von Menschen mit Diabetes verbessern. Das Leben mit der Krankheit wird flexibler, weil kein
Spritz-Eß-Abstand mehr eingehalten werden muß. Außerdem zeigen große Patienten-umfragen, daß das Risiko für die gefährlichen nächtlichen Unterzuckerungen sinkt, und daß die Einstellung des Blutzuckers über lange Zeit besser wird – dies wiederum senkt das Risiko für Folgeerkrankungen wie Erblindung und Nierenverschäden.

 Manfred Wölfert, der Bundesvorsitzende des DDB, kritisierte den Beschluß des G-BA scharf: „Die Lebensqualität der Patienten bleibt unberücksichtigt. Das Gerangel zwischen Politik, der ärztlichen Selbstverwaltung, den Ärzten und der Pharma-Industrie wird auf dem Rücken der Patienten ausgetragen.“ Und: „Der DDB möchte nicht, daß Politiker bestimmen, wie Patienten behandelt werden sollen.“

 Gabriele Buchholz, die stellvertretende Bundesvorsitzende, ist davon überzeugt, daß das Engagement des DDB die Mitglieder des G-BA zum Nachdenken gebracht und den schon lange angekündigten Beschluß hinausgezögert hat. Der DDB, so Buchholz, möchte nun versuchen, beim Bundesgesundheitsministerium noch eine Eingabe gegen den Beschluß zu machen. Dazu bittet Buchholz Diabetiker, die durch die Umstellung gesundheitliche Probleme bekommen, sich bei der Bundesgeschäftsstelle zu melden (Deutscher Diabetiker Bund e. V., Goethestr. 27, 34119 Kassel, Tel.: 0561/703 477-0, Fax: 0561/703 477-1, E-Mail: info@diabetikerbund.de)

 Privatdozent Dr. Klaus-Jürgen Ruhnau, ein Vertreter des Bundesverbandes der niedergelassenen Diabetologen, bezeichnete den Beschluß während der Pressekonferenz als „Rückschritt in der Therapie“. „Die Entscheidung bedeutet, daß uns eine bewährte Therapie aus den Händen genommen wird.“

 Die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG), die wissenschaftliche Fachgesellschaft der Ärzte, war am Mittwoch noch nicht bereit, eine Stellungnahme zur Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses abzugeben.

Verantwortlich: 
Manfred Wölfert, Vorsitzender des Deutschen Diabetiker Bundes
Pressereferentin:
Rosmarie Johannes, Goethestr. 27, 34119 Kassel,
Tel.: 0 5 61/703 477 0, Fax: 0 5 61/703 477 1,
E-Mail: info@diabetikerbund.de,
www.diabetikerbund.de


Copyright © 2006 DDB

Zur Homepage des DDB

 

Kampf für Insulin-Analoga


Seitenanfang
Zurück zu "Nachrichten"

[ Home | Anfang | Diabetes | Angebote | Informationen | DDB Hannover | DDB Niedersachsen | Diabetes im WWW ]

© copyright Wolfgang Sander  Webmaster@Diabetiker-Hannover.de   letzte Änderung: 26.09.2006