DDB Deutscher Diabetiker Bund, 10.09.2006

Das Maß an Patienten- und Arzt-Verunsicherung ist voll!

Brief des DDB an Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt


Sehr geehrte Frau Bundesgesundheitsministerin,

nun ist die Verunsicherung, Verwirrung und Angst bei Arzt und Patienten komplett – seit noch nicht einmal einer Woche nach der Veröffentlichung des Vorberichtes des Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum Thema „Kurzwirksame Insulinanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 1“, überschreitet das Ausmaß des vorauseilenden Gehorsams der niedergelassenen Ärzteschaft das Maß des Erträglichen und nach unserer Auffassung auch der entsprechenden ethischen Verantwortung. 

Mit dem Hinweis von Anrufern aus verschiedenen Bundesländern, erreichen uns bereits seit Donnerstag den 07.09.2006 (der Vorbericht ist Montag den 04.09.06 veröffentlicht worden) dubiose Mitteilungen von Patienten mit Diabetes mellitus Typ-1. Patienten mit dieser Erkrankung sind aufgrund der fehlenden Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse auf die permanente Gabe von Insulin und einer mehrfachen täglichen Kontrolle ihres Blutzuckerspiegels (in der Regel wird bei Kindern und Jugendlichen eine intensivierte Insulintherapie mit 500 – 600 Blutzuckerteststreifen angewandt) angewiesen . 

Es gibt Aussagen behandelnder Ärzte, dass z. B. nur noch mit Blutzuckertabletten (Metformin (> diese sind nur zur ausschließlichen Behandlung von Typ-2-Diabetikern vorgesehen) und Humaninsulin (Protaphan) behandelt (ein entsprechendes Rezept liegt uns vor) werden dürfe und auch hinsichtlich der Blutzuckerteststreifen (BZT) nur noch 1 Paket mit 50 BZT verordnet werden könne.

Generell stellt der Deutsche Diabetiker Bund (DDB) fest, dass zu und mit allen Berichtsplänen, Vorberichten etc. des IQWiG bereits ein vorauseilender Gehorsam der niedergelassenen Ärzte ausgelöst wird (> zum Teil vermuten wir durch Empfehlungen der KVen etc.), ohne dass in der Regel die Entscheidungsgrundlage des G-BA bzw. des BMG abgewartet wird.


Gern geben wir Ihnen einen kleinen Überblick über die derzeitige verwirrende Verordnungssituation seit der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA):

1) Obwohl durch die Entscheidung des G-BA Mitte Juli 2006 noch keine Rechtswirkung entstanden ist (Vors.: Prüfung und Genehmigung durch Ihr Haus mit anschließender Veröffentlichung im Gesetzesblatt …- zweimonatige Prüfungsfrist), werden Menschen mit Typ-2-Diabetes massiv auf Humaninsulin auch gegen ihren Willen mit der pauschalen Begründung umgestellt, dass die Gesetzeslage so sei und dies dann auch noch auf Nachfrage des Patienten von dessen Krankenkasse mit dem ergänzenden Hinweis des Zulassungsdatums 01.07.06, bestätigt wurde.

> Nach unserer Auffassung wäre hier eigentlich eine Umstellung mangels Rechtsgrundlage vorerst nur mit Einverständnis des Patienten angezeigt, bzw. ein ehrliches Aufklärungsgespräch des Arztes mit seinen Patienten erwünscht, in dem zumindest auch auf die möglichen Ausnahmen der G-BA-Entscheidungen etc. hingewiesen wird.

2) In vielen Fällen wird aber - unter dem gleichen Kontext zur „fiktiven“ Gesetzeslage - vielen Patienten auch noch die Anwendung der langwirksamen Insulin-Analoga vorenthalten, was weder mit der Berichtslage des IQWiG, noch den Entscheidungen des G-BA, noch sonstiger Entscheidungen des Gesetzgebers … abgedeckt ist.

> Es drängt sich uns hier der Eindruck des Versuchsfeldes zu Belastungsgrenzen am noch lebenden Versuchskaninchen „Diabetiker“ auf, da insbesondere immer wieder bestimmte KV-Bereiche mit rigiden Verordnungseinschränkungen (sei es zum Thema Insulin-Analoga, Blutzuckerteststreifen etc.) zu Zeitpunkten, wo dieses Thema mit dem IQWiG unverbindlich und informell diskutiert wird, auffällig werden.

3) Dass nun aktuell ein neuer Vorstoß zur Einschränkungsmöglichkeit der Patientenversorgung gemacht wird, der nicht nur die Ergebnisse des IQWiG in seiner Vorbereitungsphase zu den kurzwirksamen Insulin-Analoga zu Diabetes mellitus Typ-1 (geschweige denn der nachfolgenden Entscheidungsträger) sondern auch noch die nicht einmal eingeleitete Erstellung des Berichtsplans zur Prüfung der Blutzuckerteststreifen vorwegnimmt, erscheint uns so äußerst problematisch und von Ihrer Seite her überprüfungswürdig.

Für den Deutschen Diabetiker Bund zeigt sich hier eine absolute Verwirrung der Patienten und scheinbar auch der Ärzte (sehr wahrscheinlich ausgelöst von KVen und Krankenkassen durch Regressandrohungen hinsichtlich der Überschreitungen der Budgets – im Kontext mit Analoga-Verordnungen etc.), durch die Veröffentlichung von IQWiG-Berichten. 
Dieses Thema sollte daher unbedingt nochmals neu bezüglich einer Abwägung zwischen transparenter Informationspolitik des IQWiG und den dadurch faktisch ausgelösten Folgen, diskutiert werden.


Die bisherigen Erfahrungen mit der Entscheidungskette IQWiG, G-BA und, Politik sind alles andere als vertrauensbildend. Wir vertreten die Auffassung, dass die derzeitige Regelung dringend überprüfungsbedürftig ist, insbesondere was die Öffentlichkeitsarbeit , die Methodik und vor allem die Patienteneinbindung des IQWiG betrifft.

An dieser Stelle möchte ich bereits anmerken, dass die Deutsche Diabetes- Union (die Dachorganisation der Deutschen Diabetes- Gesellschaft, des Deutschen Diabetiker Bund, des Bundes Diabetischer Kinder und Jugendlicher und des Verbandes der Diabetes-Beratungs und Schulungs-Berufe in Deutschland) eine erneute Resolution erlassen. Anlass ist der vorgelegte Vorbericht des IQWiG zur Nutzenbewertung Insulinanaloga für Typ I – Patienten, der uns zur massiven Kritik veranlasst.. Die Resolution geht Ihnen gesondert zu.

Im Interesse der 6.500.000 manifestierten Diabetiker in Deutschland, deren Interessen wir vertreten, biete ich Ihnen erneut unsere konstruktive Gesprächsbereitschaft an. Wie Sie sicherlich wissen, stehen wir zum Thema kurzwirksame Insulinanaloga mit Ihrem Haus im Kontakt.


Mit freundlichen Grüßen



(Manfred Wölfert)
Bundesvorsitzender 
Deutscher Diabetiker Bund

Verantwortlich: 
Manfred Wölfert, Vorsitzender des Deutschen Diabetiker Bundes
Pressereferentin:
Rosmarie Johannes, Goethestr. 27, 34119 Kassel,
Tel.: 0 5 61/703 477 0, Fax: 0 5 61/703 477 1,
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