BUNDESMINISTERIUM FÜR GESUNDHEIT

Arznei- und Heilmittelbudgets/Richtgrößen
in der Gesetzlichen Krankenversicherung

 

1. Pflichten des Vertragsarztes bei der Verordnung von Arznei- und Heilmitteln
2. Gesetzliche Grundlagen
2.1 Gesetzliche Grundlagen der Arznei- und Heilmittelbudgets
2.2 Gesetzliche Grundlagen der Richtgrößenprüfung und der Individualregresse
2.3 Praxisbesonderheiten
3. Unterstützung durch das Bundesministerium für Gesundheit
     
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1. Pflichten des Vertragsarztes bei der Verordnung von Arznei- und Heilmitteln

1. Pflichten des Vertragsarztes bei der Verordnung von Arznei- und Heilmitteln

Ein Vertragsarzt darf nicht unter Hinweis auf das Arznei- und Heilmittelbudget oder auf die Richtgrößen einem Patienten die Verordnung von medizinisch notwendigen Arznei-und Heilmitteln verweigern.

Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung haben Anspruch auf Versorgung mit den medizinisch notwendigen Arznei- und Heilmitteln nach Maßgabe des Wirtschaftlichkeitsgebots. Die Verordnung von Arznei- und Heilmitteln durch den Vertragsarzt muss ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (§§ 2 und 12 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch). Der Arzt muss also entscheiden, ob eine Verordnung medizinisch notwendig und zweckmäßig im Hinblick auf die Erreichung des therapeutischen Zieles ist; zudem ist er verpflichtet, unter qualitativ gleichwertigen Mitteln ein preisgünstiges auszuwählen.

Sofern ein Vertragsarzt eine in stationärer Behandlung begonnene Arznei- oder Heilmitteltherapie ändert, ist im Hinblick auf Befürchtungen von Patienten, dass dadurch die Versorgungs-quaiität beeinträchtigt werde, auf folgendes hinzuweisen:

Der einzelne Vertragsarzt ist nicht an die therapeutischen Entscheidungen bzw. Empfehlungen der vorbehandelnden Einrichtungen oder anderer Vertragsärzte gebunden. Er entscheidet über die Verordnung von Arznei- und Heilmitteln zu Lasten der Krankenkassen in eigener Verantwortung und ist vielmehr verpflichtet, seine individuelle Therapieentscheidung über die Versorgung des Patienten mit den medizinisch notwendigen Arznei- und Heilmitteln nach Maßgabe des oben dargelegten Wirtschaftlichkeitsgebots auszurichten.

Für die Verordnungsentscheidung sind insbesondere die vom Bundesausschuss Ärzte und Krankenkassen beschlossenen Richtlinien maßgebend, die vom einzelnen Vertragsarzt für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Verordnung von Arznei- und Heilmitteln zu beachten sind. Diese Vorgaben der Richtlinien gelten nicht für die Anwendung von Arznei- und Heilmitteln im Rahmen einer stationären Behandlung.

Der einzelne Vertragsarzt darf hingegen nicht unter Hinweis auf Ausführungsregelungen der Kassenärztlichen Vereinigung zum Arznei- und Heilmittelbudget oder zu den Wirtschaftlichkeitsprüfungen - insbesondere auf Grundlage von Richtgrößen - die Verordnung von medizinisch notwendigen Arznei- und Heilmitteln einem Patienten verweigern - auch nicht bei der Verordnung notwendiger, aber sehr teurer Arzneimittel, z.B. im Falle der Behandlung chronisch Kranker. Es gehört hingegen durchaus zu seinen vertragsärztlichen Pflichten, bei seinem Verordnungsverhalten in jedem Einzelfall das oben dargelegte Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten.

Versicherte, die der Auffassung sind, dass ihnen für medizinisch notwendige Arznei- oder Heilmittel eine Verordnung zu Lasten der Krankenkassen vorenthalten wird, können sich an ihre Krankenkasse wenden. Im Rahmen der Vorschriften der §§13-15 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB l - Allgemeiner Teil -) ist die Krankenkasse dazu verpflichtet, die Versicherten über ihre Rechte und Pflichten in der gesetzlichen Krankenversicherung aufzuklären, ihnen entsprechende Beratung zukommen zu lassen und Auskunft zu erteilen. Die Krankenkasse hat daher die Pflicht, einem Verdacht nachzugehen, dass einem Versicherten medizinisch notwendige Präparate nicht auf Kassenrezept verordnet werden. Dazu kann sie ihrerseits bei der Kassenärztlichen Vereinigung eine Überprüfung des Verordnungsverhaltens des Vertragsarztes im Einzelfall veranlassen. Versicherte können sich auch unmittelbar an die Aufsichtsbehörde über die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung wenden. Dies ist das jeweilige zuständige Landesministerium (i.d.R. das jeweilige Ministerium für Soziales/Gesundheit).

 

2. Gesetzliche Grundlagen

2.1 Gesetzliche Grundlagen der Arznei- und Heilmittelbudgets


2. Gesetzliche Grundlagen

2.1 Gesetzliche Grundlagen der Arznei- und Heilmittelbudgets

Das Ziel der Regelungen zu den Arznei- und Heilmittelbudgets ist die Sicherung der wirtschaftlichen Versorgung mit Arznei- und Heilmitteln in der Gesetzlichen Krankenversicherung.

Das Arznei- und Heilmittelbudget ist nach der geltenden Regelung eine der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) vorgegebene „Obergrenze für die insgesamt von den Vertragsärzten veran-lassten Ausgaben für Arznei-, Verband- und Heilmittel" (§ 84 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch). Die Budgets sind jährlich unter Berücksichtigung gesetzlich vorgegebener Kriterien von den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen vertraglich anzupassen. Zu den auf den erforderlichen Verordnungsumfang ausgerichteten Kriterien zählen die Veränderungen der Zahl und der Altersstruktur der Versicherten, die Einführung neuer, in-novativer Arzneimittel, die Veränderungen der Preise sowie der gesetzlichen Leistungspflicht sowie bestehende Wirtschaftlichkeitsreserven. Eine gesetzlich festgelegte, begrenzende Steigerungsrate für die Anpassung des Budgets gibt es nicht.

Jede einzelne Kassenärztliche Vereinigung muß für die Einhaltung ihres Budgets Sorge tragen. Übersteigen die Ausgaben das Budget, verringert sich das von den gesetzlichen Krankenkassen an die Kassenärztliche Vereinigung für die Vergütung aller Vertragsärzte entrichtete Honorarvolumen (Gesamtvergütung), um den übersteigenden Betrag, begrenzt auf 5 v.H. des Budgets. Der Ausgleich muß bis zum Ende des zweiten auf das Budgetjahr folgenden Jahres abgeschlossen sein (also für 1999 bis zum Ende des Jahres 2001). Die „kollektive" Ausgleichsverpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung bei einer Budgetüberscheitung vermindert sich um individuelle Ausgleichsverpflichtungen der einzelnen Ärzte auf Grund von Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Verordnungen von Arznei- und Heilmitteln (sog. „Individualregresse").

Zur Aufteilung eines Ausgleichsbetrages wegen Budgetüberschreitung auf die Vertragsärzte enthält das Gesetz keine nähere Regelung. Es beschränkt sich auf die Vorgabe der Kürzung der von den Krankenkassen an die KV zu zahlenden Gesamtvergütungen. Insbesondere enthält das Gesetz keine Regelung zur gleichmäßigen Kürzung der Einzelhonorare von Vertragsärzten unabhängig von der Verursachung und festgesetzter Individualregresse. Die Aufteilung ist Angelegenheit der KVen.

Die Verpflichtung zur Budgeteinhaltung mit der „Haftung" für Budgetüberschreitungen ist ein gesetzliches Mittel, die Kassenärztlichen Vereinigungen dazu anzuhalten, die ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente zu nutzen, um eine wirtschaftliche Verordnungsweise der ihnen angehörenden Vertragsärzte zu erreichen. Hierzu zählen insbesondere

  • die kontinuierliche Information der Vertragsärzte über die Verordnungsfähigkeit,
  • die Preise, die Indikation und den therapeutischen Nutzen von Arzneimitteln,
  • die gezielte Beratung einzelner Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über deren Verordnungen sowie
  • die von den Prüfungsausschüssen der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen durchzuführenden Wirtschaftlichkeitsprüfungen und ggf. Regressverfahren.

Die Krankenkassen haben die im Budgetzeitraum von den Vertragsärzten veranlassten Ausgaben für Arznei-, Verband- und Heilmittel zu erfassen und diese Daten jeweils an die Kassenärztliche Vereinigung, der die Vertragsärzte angehören, zu übermitteln.

 

2.2 Gesetzliche Grundlagen der Richtgrößenprüfung und der Individualregresse

2.2 Gesetzliche Grundlagen der Richtgrößenprüfung und der Individualregresse

Überschreitungen von Richtgrößen sind ein Indikator für eine unwirtschaftliche Verordnungsweise des einzelnen Vertragsarztes, sofern keine Praxisbesonderheiten vorliegen. Sie können bei dem betreffenden Vertragsarzt ein Prüfungsverfahren durch gemeinsame Kontrollgremien auslösen und ggf. eine Verpflichtung zur Erstattung des Mehraufwandes herbeiführen.

Das oben dargelegte Wirtschaftlichkeitsgebot durchzieht sämtliche Leistungsbereiche in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Einhaltung dieses Wirtschaftlichkeitsgebotes wird insbesondere bei der Verordnung von Arznei- und Heilmitteln mit Hilfe von Wirtschaftlichkeitsprüfungen auf der Grundlage von Richtgrößen (Auffälligkeitsprüfung) kontrolliert, die beim einzelnen Vertragsarzt durchgeführt werden. Daneben sind verordnete Leistungen auch Bestandteil der arztbezogenen Prüfung auf der Grundlage von Stichproben (Zufälligkeitsprüfungen gem. § 106 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch).

Die Höhe der nach Arztgruppen (Allgemeinärzte, Internisten u.a.) zu differenzierenden Richtgrößen ist von den Vertragspartnern, d.h. der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung und den Verbänden der Krankenkassen vertraglich zu vereinbaren. Die Vertragspartner sind dafür verantwortlich, dass die Höhe der Richtgrößen sachgerecht ist. Die Richtgröße ist für das Volumen der je Arzt verordneten Arznei- und Heilmittel festzulegen, d.h. sie bezieht sich auf alle von einem Arzt in einem Kalenderjahr behandelten Patienten. Rechnerisch ist sie als Durchschnittswert je behandeltem Patient festgelegt, hingegen keine Obergrenze zur Behandlung des einzelnen Falles (deshalb sind z.B. folgende Aussagen eines Vertragsarztes gegenüber seinen Patienten falsch und irreführend: „Ich kann Ihnen das Medikament/Heilmittel nicht verordnen, weil mein Budget erschöpft ist.").

Bei einer Überschreitung der Richtgrößen um mehr als 5 v.H. wird grundsätzlich eine Prüfung durchgeführt, wenn auf Grund der vorliegenden Daten nicht davon auszugehen ist, dass die Ü-berschreitung durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Als Konsequenz sollen nach den gesetzlichen Vorgaben eine gezielte Beratung weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Bei einer Überschreitung der Richtgrößen um mehr als 15 v.H. hat der Vertragsarzt den sich aus der Überschreitung der Richtgrößen ergebenden Mehraufwand zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist (§ 106 Abs. 5a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch). Für 1999 galten höhere Schwellenwerte.

Für die Richtgrößenprüfung haben die Krankenkassen den Kassenärztlichen Vereinigungen für jedes Quartal arztbezogen insbesondere Daten zu Art, Menge und Kosten der verordneten Arznei-, Verband- und Heilmittel zu übermitteln.

Konsequenz:

Der Anspruch der Versicherten auf die Versorgung mit den medizinisch notwendigen Arznei- und Heilmitteln nach Maßgabe des Wirtschaftlichkeitsgebots wird durch die Richtgrößen nicht eingeschränkt. Es ist falsch und irreführend, wenn behauptet wird, dass für die Versorgung einer Patientin oder eines Patienten mit Arznei- und Heilmitteln nur ein bestimmter Betrag zur Verfügung stehe.

 

2.3 Praxisbesonderheiten


2.3 Praxisbesonderheiten

Praxisbesonderheiten beziehen sich nach einer Vereinbarung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen auf Praxen, die Patienten in speziellen Indikationsgebieten behandeln, wie z.B. bei Multipler Sklerose, AIDS/HIV, Chemotherapie bei Tumorpatienten, Diabetiker mit Insulinbehandlung. Diese Praxisbesonderheiten sind schon bei der Entscheidung über die Einleitung eines Prüfverfahrens zu berücksichtigen.

Praxisbesonderheiten können dann vorliegen, wenn in einer Praxis der Anteil von Patienten, die einen besonders hohen Bedarf an Arznei- oder Heilmitteln haben oder besonders teure Arzneimittel benötigen, überdurchschnittlich hoch ist oder wenn die Art der verordneten Arzneimittel für die Arztpraxen der entsprechenden Arztgruppe atypisch ist.

Im Verfahren der Prüfung bei Überschreitung von Richtgrößen sind Praxisbesonderheiten nach den gesetzlichen Vorgaben des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vorab zu berücksichtigen. Ein Prüfungsverfahren wird danach nur dann durchgeführt, wenn auf Grund der vorliegenden Daten, z.B. über die Verordnungen des Arztes, nicht davon auszugehen ist, dass die Überschreitung durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Die gesetzliche Vorgaben lassen es zu und legen es nahe, dieses Verfahren auch bei einer Überschreitung der Richtgrößen um mehr als 15 v.H. anzuwenden. Auf diese Weise kann die gemeinsame Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen dem praxisindividuellen Verordnungsspektrum und den behandelten Patienten Rechnung tragen, in dem sie Vertragsärzte mit Praxisbesonderheiten, wenn angezeigt, gar nicht erst in das Prüfungsverfahren einbezieht.

Konsequenz:

Wenn Ärzte, die schwerpunktmäßig Patienten mit den oben genannten schweren Krankheiten behandeln, oder entsprechende Selbsthilfegruppen darüber klagen, das Prüfverfahren diskriminiere gerade solche Praxen und dort behandelte Patienten, ist dies nicht der gesetzlichen Regelung anzulasten. Die gemeinsame Selbstverwaltung der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Landesverbände der Krankenkassen ist in der Lage und verantwortlich gefordert, praxisgerechte Verfahren zu vereinbaren und durchzuführen.

 

3. Unterstützung durch das Bundesministerium für Gesundheit


3. Unterstützung durch das Bundesministerium für Gesundheit

Das Bundesministerium für Gesundheit wirkt im Rahmen seiner Aufgabenstellung darauf hin, dass alle Beteiligten ihre Verantwortung für eine Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zur Verordnung von Arznei- und Heilmittel aktiv wahrnehmen, um das Ziel einer wirtschaftlichen Verordnungsweise zu erreichen, ohne die medizinisch notwendige Versorgung in irgend einer Weise zu gefährden oder gar zu beeinträchtigen.

 

Informationen und Auskünfte

BMG
Auskunft: Bundesministerium für Gesundheit
Am Propsthof 78a
53121 Bonn
Tel.: 01888/ 441-0
Fax: 01888/ 441-4900 

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